Ni-hao China

In der Volksrepublik China leben über 1,3 Milliarden Menschen. So gesehen ist fast jeder sechste Mensch Chinese. Und doch weiß ich so wenig über diese Kultur, die Sprache, das Land im Allgemeinen. Mir fallen auf Anhieb viele Vorurteile ein, jedoch bin ich gespannt ob diese sich auch bestätigen werden. Mit Peking als unserer ersten Station in China, geben wir uns auch gleich die volle Dröhnung. In der Hauptstadt leben knapp 21 Millionen Menschen. Da sind überfüllte Metros und Gedränge auf den Straßen sicherlich vorprogrammiert.


Das Ausmaß dieser Menschenmengen erleben wir gleich nach der Landung. Wir wollen möglichst schnell ins Hostel und beschließen, uns ein Taxi vom Flughafen in die Stadt zu gönnen. Am Taxistand angekommen, staunen wir doch etwas, als wir dort hunderte von Leuten antreffen die - abgetrennt durch diese „Kuhgitter“ die es überall dort gibt, wo viele Menschen anstehen müssen - in mehreren Reihen Schlange stehen.


Die Taxen sehen wir von unserer Position am Ende der Schlange gar nicht. Ein Schild sagt uns, dass wir von unserem Standpunkt mit einer Wartezeit von 50 Minuten rechnen müssen. Nun gut, jetzt sind wir schon mal hier und die Menschenmasse vor uns bewegt sich zum Glück auch relativ zügig. Nach einer Weile sehen wir immerhin die Taxen, die in einem unaufhörlichen Strom an die Wartenden heranfahren. Nach einer halben Stunde sind wir an der Reihe. Schnell, schnell, Rucksäcke in den Kofferraum werfen, einsteigen, losfahren. Der flughafeneigene Taxieinweiser klopft uns schon ungeduldig auf die Motorhaube.


In weiser Voraussicht hat Rudi die Adresse unseres Hostels auch auf Chinesisch auf seinem Ipad eingespeichert. Mit Englisch ist hier nämlich wenig los. Trotzdem muss unser Fahrer sich per Telefon vom Hostelwirt erstmal den Weg erklären lassen. Dabei schreit er ununterbrochen und macht einen ziemlich unzufriedenen Gesamteindruck. Ohje, das kann ja heiter werden. Er wirft uns an einer Straße raus, an der sich links und rechts bunt beleuchtete Geschäfte aneinanderreihen. Es sieht hier ein bisschen aus wie am Ballermann. Nur chinesischer.
Von hier aus sollen wir in eine dunkle Seitengasse laufen. Ist hier tatsächlich unser Hostel?


Wir fragen an einer kleinen Burgerbude nach und haben eigentlich wenig Hoffnung auf eine Antwort. Doch tatsächlich spricht das Mädel dort gut Englisch und tatsächlich sind wir hier richtig. Ein paar Meter weiter finden wir unsere Unterkunft.


Es ist noch nicht allzu spät und wir haben Hunger, also gehen wir nochmal raus, vorbei an zahlreichen Restaurants, Imbissbuden und kleinen Wagen mit Garküchen. Überall zischt und brutzelt es und riecht nach Chinagewürz. Wir entdecken den ersten Stand mit Hühnerfüßen. Die gibt’s hier an jeder Ecke, aber wir heben uns diese Delikatesse mal für später auf. Stattdessen entscheiden wir uns für ein kleines Restaurant, das eine bebilderte Menükarte hat. Für umgerechnet knapp fünf Euro kriegen wir zu zweit ein echt gutes Abendessen bestehend aus Bohnen, Dumplings, Seetangsalat und gebratenen Nudeln.


Am nächsten Tag bin ich schon relativ früh wach und Rudi, der bis in die tiefe Nacht hinein irgendein Bundesligaspiel (bestimmt ist das falsch und es war ein Cup, oder eine Champions Liga oder so ein Quatsch) im chinesischen Fernsehen geschaut hat, grummelt mich bei meinen Versuchen, ihn zum Aufstehen zu animieren, nur an. Ich lass ihn schlafen und wir machen aus, dass wir uns am Nachmittag wieder treffen. Das Wetter ist supergut, die Sonne scheint und der Himmel ist blau. Von wegen nur Smog... Ich mache mich auf, eine der größten Sehenswürdigkeiten Pekings anzuschauen – die verbotene Stadt.


Bis 1911 lebten und regierten dort die chinesischen Kaiser und übrigens ist auch diese Stätte ein UNESCO Weltkulturerbe. „Verboten“ heißt sie deshalb, da der Zutritt damals der einfachen Bevölkerung verwehrt war.


Dass dies heute nicht mehr der Fall ist, merke ich an den Menschenmassen, die sich vor dem Eingang drängen. Wieder Absperrgitter, wieder anstehen. Vorne gibt’s noch einen Taschencheck und eine nette chinesische Lady untersucht mich kurz nach kleinen Bomben und anderen verbotenen Gegenständen. Ich bin sauber und darf durchgehen.


Das Gelände der verbotenen Stadt ist weitläufig. Auf über 7 km² befinden sich hier knapp 900 Paläste. Der Legende nach haben sie zusammen 9999 ½ Räume. Der halbe Raum deshalb, da nur der Himmel einen Palast mit 10.000 Räumen haben darf. Die großen Paläste und Tempel sind beeindruckend, doch mir haben es vor allem die vielen kleinen Gässchen links und rechts des Hauptplatzes angetan. Man kann sich dort förmlich 200 Jahre zurückversetzen und sich gut vorstellen, wie das Leben damals innerhalb dieser Mauern ausgesehen hat.


Auch Gabby und Tom sind in der Woche in Peking und wir haben uns mit ihnen für den Abend verabredet. Wir wollen eine Kleinigkeit essen gehen. Was bietet sich da in Peking besser an, als der Nachtmarkt mit seinen zahllosen Ständen, an denen man kleine Snacks bekommen kann?
Auf dem Weg dahin diskutieren die Jungs was sie probieren möchten: Spinnen, Schlangen, Kakerlaken, Skorpione…?

Tatsächlich könnten wir uns all diese Köstlichkeiten zu Gemüte führen, doch verlässt einen bei dem Anblick der unzähligen Spieße mit allerlei Krabbelgetier irgendwie der Appetit. An einigen der Spieße zappeln die Tiere sogar noch. Ich find’s einfach nur widerlich.


Nur Tom steht seinen Mann und kauft sich jeweils einen Spieß mit einer frittierten Vogelspinne und einen mit zwei kleinen Schlangen. Wie es geschmeckt hat? „Nach nichts Besonderem“, meint er, „eigentlich nur nach Frittierfett.“ Trotzdem möchte Tom jetzt gerne ein Bier zum Nachspülen. Da lassen wir ihn natürlich nicht alleine.


Auch in den nächsten Tagen haben Rudi und ich Glück mit dem Wetter. Der Himmel ist fast durchgehend blau, die Temperaturen angenehm. So macht es Spaß, die Sehenswürdigkeiten der Stadt abzuklappern. Wir erkunden den Himmelspalast, den Lamatempel und den kaiserlichen Sommerpalast etwas außerhalb von Peking. Besonders schön sind die Parks, die rund um diese Bauten angelegt sind und eine Verschnaufpause von der Hektik der Innenstadt bieten. Überall gibt es Seen, Weidenbäume zäumen die Gehwege. Hier und da wird zu chinesischer Musik getanzt oder Qigong gemacht.


Doch auch die Innenstadt hat einiges an Sehenswertem zu bieten. Von großen, bunt beleuchteten, supermodernen Einkaufsstraßen, führen links und rechts enge Gässchen zu Hutongs, den typischen alten Wohngebieten Pekings mit kleinen, einstöckigen Häuschen und Wohnhöfen.
Ein paar Straßen weiter stehen neu gebaute Hochhäuser in schicken Bürogegenden.


An Rudis Geburtstag ziehen wir in ein etwas luxuriöseres Hotel mit Wellnessbereich, Fitnesstudio und Swimmingpool um. Auf dessen oberstem Stockwerk befindet sich auch eine Rooftop Bar, wo wir uns am Abend mit Gabby und Tom zum Cocktailtrinken verabredet haben. Während ich mir Peking so von oben anschaue, stelle ich fest, wie anders die Stadt ist, als ich sie mir vorgestellt hatte.
Ich dachte, sie wäre dreckiger, chaotischer, sozialistischer. Irgendwie chinesischer. So wie sie ist, gefällt sie mir richtig gut. 

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