Roller, Rotzen, Ralle machen – chinesische Angewohnheiten unter der Lupe

Die Stadt Guilin liegt im Südosten Chinas an den Ufern des Lijang Flusses und ist – im Vergleich zu etwa Peking oder Shanghai – mit ihren knapp 5 Millionen Einwohnern schon fast eine Kleinstadt.
Erbaut zwischen Hügeln und insgesamt vier Seen, bietet Guilin viel Raum für Entspannung, weshalb Rudi und ich – müde von der Großstadthektik – beschließen, hier für 8 Tage unsere Zelte aufzuschlagen.


Neben einem Ausflug mit dem Boot und einigen Bergbesteigungen hatten wir hier vor allem viel Zeit, die chinesische Kultur und alle kuriosen Angewohnheiten mal etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Entstanden sind dabei (natürlich ganz subjektive) Beobachtungen, die wir euch nicht vorenthalten möchten.

 

Liebe chinesische Leser oder Fans der chinesischen Kultur: ich möchte mich hiermit für alle eventuellen UNGEWOLLTEN Beleidigungen entschuldigen. Wir sind auch nur dumme Deutsche und wie gesagt sind unsere Eindrücke vollkommen unsachlich. Hier also unsere gesammelten Erkenntnisse:

 

Die Chinesen:

 

Im Großen und Ganzen muss man sagen, dass die Chinesen wirklich ein unglaublich freundliches Volk sind. Egal wo man ist und was man will – man wird durchwegs nett behandelt und auch wenn es an sprachlichen Barrieren hapert, wird zumindest versucht einem weiterzuhelfen.

 

Andererseits gibt es trotz aller Höflichkeit einige Dinge, die bei uns als unhöflich gelten würden aber hier vollkommen normal sind, wie Vordrängeln zum Beispiel: Es kommt durchaus vor, dass man schon ganz vorne in der Reihe zum Ticketskaufen am Bahnschalter steht, und sich dann flux ein wild gestikulierender Chinese noch vor einen stellt. Auch ist es nicht üblich, die Leute erst aus der Bahn aussteigen zu lassen, bevor man selbst einsteigt. Hier wird mit Ellbogen gedrängt und geschubst. Hauptsache man selbst ist drin. Oder eben draußen.

 

Leider ist Englisch nach wie vor nicht sehr weit verbreitet. Selbst im Tourismussektor können viele nicht mal die üblichen nützlichen drei, vier Floskeln. Scheinbar sind Englischkenntnisse nicht mal dann Voraussetzung, wenn man an einem Touristeninformationsschalter arbeitet.

Trotz Verständigungsschwierigkeiten sind viele Menschen hier sehr interessiert an den westlichen Touristen und versuchen mit Händen und Füßen ein Gespräch in Gang zu bringen.

 

Ich habe lange überlegt, wie ich folgenden Absatz bescheiden klingen lassen kann. Nun sage ich es doch geradeaus: In China bin ich wunderschön. J Mit meinen blauen Augen scheine ich hier ungewöhnlicher als ein weißer Tiger zu sein. Jedenfalls werden wir beide – sowohl Rudi als auch ich - in der Stadt wahnsinnig oft angehalten und um Fotos gebeten. Diejenigen, die zu schüchtern sind zu fragen, schießen „heimlich“ Fotos mit ihren Handys. Wir fühlen uns wie Promis. Interessanterweise sind es vor allem die Frauen, die zweimal hinschauen und mir Komplimente machen. Also, ich kann jedenfalls jedem der Selbstbestätigung braucht, nur eine Reise nach China empfehlen.

 

Verkehr in China:

 

„There are nine million bicycles in Beijing“, sang schon Katie Melua. Das mag für die Hauptstadt wahr sein, doch in Guilin gibt es mindestens zehn Millionen Elektroroller.
Diese besitzen die hervorragende Eigenschaft, dass für sie keine Verkehrsregeln gelten, was sie für Chinesen zum idealen Fortbewegungsmittel in der Stadt macht.
Während Autos sich noch an Ampeln halten und man als Fußgänger einigermaßen sicher sein kann von ihnen nicht überfahren zu werden, wenn man bei grün die Straße überquert, hat die Farbe rot für Rollerfahrer keinerlei Bedeutung.


Ein weiteres praktisches Merkmal von Rollern ist, dass sie sowohl auf der Straße als auch auf Gehwegen fahren können. Und zwar sowohl mit als auch gegen die Verkehrsrichtung.
Außerdem haben Roller grundsätzlich Vorfahrt. Man darf sich also nicht wundern, wenn man als Fußgänger auf dem Gehweg wild angehupt wird, weil man einem Rollerfahrer im Weg ist.

Besonders nachts sollte man sich als Passant vor Rollern in Acht nehmen – die wenigsten haben Licht an und durch den Elektroantrieb sind sie so gut wie geräuschlos. Ich kann gar nicht mehr zählen wie oft ein Rollerfahrer nur um Haaresbreite an mir vorbeigerauscht ist oder ich nur durch einen schnellen Sprung zur Seite größere Schmerzen für den Fahrer und mich verhindern konnte.


Übrigens haben auch Zebrastreifen in China keine Bedeutung.

 

Metrofahren in China:

 

Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist in Peking und Shanghai wirklich Pipifax. Alle Stationen sind sowohl auf Mandarin als auch auf Englisch angeschrieben und es gibt genug Hinweisschilder um sich nicht zu verlaufen. In der Rush-Hour kann es in den Metros gelegentlich tatsächlich sehr, sehr eng werden. Dann stehen auch diese „Quetscher“ an den Gleisen, deren Job es ist, darauf zu achten dass jeder freie Quadratzentimeter der Bahn komplett ausgenutzt wird, sodass doch noch zwei bis fünfzehn weitere Fahrgäste in den eigentlich schon vollen Wagon passen.

 

Chinesisches Essen:

 

Das Essen in China ist vielfältig, teils sehr lecker, teils sehr ungewohnt. Neben den uns bekannten Gerichten wie gebratenen Nudeln, Hühnchen süß-sauer, Reisgerichten und Pekingente haben wir auf den Speisekarten diverser Restaurants folgende Highlights entdeckt:


- Hühnerfüße
- Schweinefüße
- Esel- und Pferdeeintopf
- Bullenpenis
- Quallensalat
- Schlangensuppe
- Schildkrötensuppe


Hunde und Katzen standen aber – entgegen jeglicher Vorurteile – nirgendwo auf der Karte.

 

Gewöhnungsbedürftige chinesische Angewohnheiten:

 

Sobald man in China ist, hört man es von allen Seiten – es wird gerotzt und gespuckt. Dieser Akt wird dermaßen zelebriert, dass man das Gefühl hat, derjenige würde den ganzen angestauten Schleim von ganz tief unten genussvoll durch die Nase in den Rachen ziehen um ihn in einem dicken glibbrigen Batzen direkt auf die Straße zu befördern. Es scheint dabei nicht als unhöflich betrachtet zu werden, jemandem direkt vor die Füße zu spucken. Selbst hübsche junge Mädels rotzen hier mitten in der Stadt auf den Gehsteig. Eine besondere Freude ist es, schon früh vom Klang eines genüsslichen Schnäuzers draußen vor dem Fenster geweckt zu werden

 

Weitere – für europäische Ohren unangenehme – Geräusche, sind das ständige Schmatzen und Schlürfen beim Essen. Sowas ist ja mein wahr gewordener Albtraum. Wer mich kennt, weiß dass ich Essgeräusche HASSE. Aber auch Rudi, der in vielen Dingen weitaus toleranter ist als ich, ging das Schmatzen und Rotzen mit der Zeit mächtig auf den Senker.

 

 

Kinder werden hier im absoluten Einklang mit ihren körperlichen Aussonderungen erzogen. Viele Knirpse tragen hier eine Schlitzehose, also eine Hose mit einem keilförmigen Ausschnitt am Hintern, der es den Kleinen ermöglicht, sich wo sie gehen und stehen zu erleichtern. Plötzlich auftretende Pfützen auf dem Gehweg sollte man als Fußgänger also aller Möglichkeit nach meiden.

 

Obwohl es hier an fast jeder Ecke eine kostenlose öffentliche Toilette gibt, präferieren es auch viele Erwachsene scheinbar, sich draußen an der frischen Luft zu entleeren. Zwar sind die Gehsteige im Allgemeinen sehr sauber, aber hier und da trifft man doch auf ein Häufchen, vom man annehmen kann, dass es wahrscheinlich nicht von einem Hund stammt. Ich mein, ich bin keine Expertin, aber… ach, lassen wir das Thema. ;-)

 

Chinesische Supermärkte:

 

Lebensmittel einkaufen in China ist gar nicht mal so einfach. Zwar gibt es hier alle fünf Meter einen Laden in dem man etwas zu Essen kaufen kann, jedoch ist das Sortiment vollkommen verwirrend. Die meisten bieten schön verpackte Süßigkeiten und eine Reihe von Instantnudelsuppen an. Doch wo kauft man Obst, Gemüse, Brot, Joghurt, Milch? Nur in ein paar wenigen Geschäften haben wir auch andere Waren gefunden und dabei das Konzept in den drei Wochen unseres Chinaaufenthalts nie komplett entschlüsselt.

 

Außerdem ist China wohl der größte Plastikmüllproduzent der Welt. Hier ist in einer Plastikverpackung eine Plastikschale in der jeder Keks wiederum einzeln verpackt ist. Um das Ganze ist dann noch Folie gewickelt.

 

Abschließend muss ich aber sagen, dass China mir viel besser gefallen hat, als ich gedacht hätte. Das Land ist landschaftlich unglaublich abwechslungsreich und die Menschen mit die höflichsten und hilfsbereitesten, die ich jemals beim Reisen getroffen habe. Sicherlich muss in Sachen Umweltschutz eine ganze Menge getan werden. Man sieht hier und da schon Initiativen, wie beispielsweise Schilder zur Mülltrennung, doch steckt das Ganze noch komplett in den Kinderschuhen.
Es wäre wirklich schade, wenn in einigen Jahrzehnten dieses schöne Land komplett verschmutzt wäre. Wir besuchen dich nämlich gerne wieder, China.

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Kommentare: 3
  • #1

    Sarah (Sonntag, 30 November 2014 15:38)

    Liebe Moni, Felix hat mir gesagt dass er sich nicht sehnlicher zu Weihnachten von Tante Moni wünscht als eine Hose mit so einem praktischen Schlitz. Er hat es nämlich satt diese dummen Plastikwindeln zu tragen. :-) Als deine persönliche Therapeutin sage ich dir: das mit den Essgeräuschen ist ein sogenanntes "Flodding" für dich - das heißt Angstreize in maximaler Ausprägung präsentieren... volle Konzentration darauf...aushalten, aushalten, aushalten... und dann geht die Phobie laut Theorie weg. Allerdings sollte ich noch erwähnen, dass dies nur für Angst gilt und nicht für Ekel...tja-Pech gehabt. Danke auch für die Anregungen zum Weihnachtsessen, ich denke dieses Jahr wird es Pferdeeintopf mit Bullenpeniseinlage geben, mal was anderes. Durch deine tollen Posts reise ich in Gedanken ein klein wenig mit euch um die Welt und bin oft kurz davor in einen Flieger zu steigen-dann lacht klein Felix mich allerdings an und zeigt mir, dass mein Platz die nächsten Jahre erst mal hier ist ;-) Eine schöne Vorweihnachtszeit euch! :-*

  • #2

    Sofie (Dienstag, 02 Dezember 2014 23:52)

    Hi Moni! Diese Geschichte hat mich gerade herzlich zum Lachen gebracht, aber genau so isses ;-) du schreibst immer so herrlich erfrischend. Schön, dass dich China ein wenig überrascht hat. Wünsche Euch weiterhin viel Spaß und tolle Eindrücke! Grüßle an Rudi!

  • #3

    2faraway (Mittwoch, 10 Dezember 2014 02:41)

    Danke, ihr Lieben für eure Kommentare. :)
    Wir freuen uns, dass ihr so fleißig lest. ;)
    @ Sarah: Hervorragende Idee, mit dem Weihnachtsdinner. Weiß Thorsten schon von seinem Glück?
    @ Sofie: Danke! :)Sind sie nicht herzig, diese Chinesen? :-D