Laos, der Mekong und die Vorzüge deutscher Autobahnen

Eine Reise über Land nach und durch Laos ist nicht so einfach, wie man sich das als – von ebenen und geraden Schnellstraßen verwöhnter - Deutscher vielleicht vorstellt. Unser erster Zielort in Laos, das Städchen Luang Prabang, ist knappe 500 Kilometer von Chiang Mai entfernt und wir haben für uns zwei Möglichkeiten ausgemacht dorthin zu kommen:

Die erste beinhaltet eine 18 Stunden lange, holprige Busfahrt über größtenteils nicht asphaltierte Straßen, die zweite besteht aus einer zwei Tage langen Bootsfahrt auf dem Fluss Mekong. Nach einiger Recherche im Internet mit etlichen Horrorstorys über die Busfahrt, entscheiden wir uns skeptisch für Variante Nummer zwei und machen uns auf den Weg Richtung laotischer Grenze, wo in der Nähe der Grenzstadt Huay-Xai täglich Boote nach Luang Prabang starten.


Im Bus zur Grenze lernen wir Marian, einen Backpacker aus Berlin kennen, der das gleiche Ziel und ungefähr ebenso wenig Plan hat wie wir. Um alle Grenzformalitäten zu erledigen und zu den richtigen Stellen zur Ausreise in Thailand und Einreise in Laos zu gelangen, benötigen wir ein Tuktuk und einen weiteren Bus, doch dann ist es soweit: Wir setzen unseren ersten Schritt auf laotischen Boden.


Von der Grenze aus nach Huay-Xai, wo wir eine Nacht bis zur Abfahrt unseres Bootes am nächsten Tag verbringen werden, sind es noch ca. 10km, die wir wieder mit dem Tuktuk zurücklegen. Im Ort angekommen, müssen wir uns zunächst eine Unterkunft für die Nacht suchen. Während die Jungs losziehen, um in den nahegelegenen Gästehäusern nach den Preisen zu fragen und sich die Zimmer zeigen zu lassen, passe ich auf das Gepäck auf und lasse das Dorf auf mich wirken. Huay-Xai besteht eigentlich nur aus einer Straße. Links und rechts kleine, einstöckige Häuser, viele davon ziemlich heruntergekommen. Außerdem einige Hostels, kleine Bars und Restaurants. Die Häuser sind sehr offen zur Straße hin gebaut, bei vielen fehlt eine richtige Haustür oder gar eine Vorderwand. Auch leben die Restaurantbesitzer oft samt ihren Familien in ihren Lokalen. Vor den Häusern stehen Tische für die Gäste, hinter der Theke sitzen auf einem Teppich die Kinder vor einem Röhrenfernseher.


Wir checken kurz in unser Gästehaus ein und ziehen los, um etwas zu essen. In einem Restaurant direkt am Fluss lassen wir uns zusammen mit Marian unser erstes Beerlao schmecken und sehen der Sonne dabei zu, wie sie langsam hinter den Bergen untergeht.

Die Menschen in Huay-Xai sind bestens auf die hunderten von Durchreisenden vorbereitet, die den Ort Tag für Tag als Basis für die Bootsfahrt nutzen. An einem kleinen Stand hält eine Ladenbesitzerin, als wir vorbeigehen, ein selbstgebasteltes Schild in die Höhe. „I have everything for you“. Will sagen, sie macht uns gerne Sandwiches für‘s Boot und wir sollen am nächsten Tag kommen und Proviant bei ihr einkaufen. Überzeugt von ihrer sympathischen Art, nehmen wir das Angebot gerne an.


Die Volksrepublik Laos hat eine bewegte Geschichte. Nachdem es im frühen 20. Jahrhundert eine Zeit lang französische Kolonie war, wurde das Land während des zweiten Weltkrieges vorübergehend von Japan besetzt, nur um ein paar Jahre später wieder von Frankreich übernommen zu werden. Die französischen Einflüsse sind – vor allem in kulinarischer Hinsicht - auch heute noch deutlich. An jeder Ecke kann man hier ein frisches, dick belegtes Baguette und einen richtig guten Kaffee bekommen. Ein südostasiatisches Frühstücksparadies, sozusagen.


Trotz seiner Neutralität während des Vietnamkriegs, wurde Laos in diesen Jahren stark von den US Streitkräften bombardiert, sodass es auch heute noch zu einem der Staaten mit den größten Mengen an nicht explodiertem Kriegsmaterial im Boden gehört.

Dass Laos seit den 70er Jahren kommunistisch ist, sieht man auf den ersten Blick an den vielen Fahnen mit Hammer und Sichel, die an fast jedem Haus zu finden sind. Die Globalisierung hat hier noch nicht vollständig Einzug gehalten. Es gibt beispielsweise keinen McDonalds oder Burger King, ja nicht einmal den, in Asien sonst so beliebten, Kentucky Fried Chicken.


Die Bevölkerung ist sehr arm. 80% der Laoten sind im Ackerbau tätig. Zwei Drittel der Frauen und ein Drittel der Männer über 15 Jahre, können weder lesen noch schreiben. Trotzdem ist das Volk eines der freundlichsten, friedlichsten und gelassensten das wir bisher kennengelernt haben. Die Mehrheit der Laoten sind streng gläubige Buddhisten, die glauben, dass ihr Karma durch schlechte Taten zu Schaden kommt, weshalb die Kriminalität in dem Land sehr niedrig ist.

Am nächsten Morgen geht für uns der erste Teil der Fahrt auf dem Mekong los. Eigentlich soll das Boot um 11 Uhr starten, tatsächlich fahren wir um halb eins Mittags ab. Die Laoten haben die Ruhe im Blut. So schippern wir gemütlich vor uns hin. Die Landschaft ist wenig abwechslungsreich. Links und rechts der Flussufer sind mit dichtem Urwald bewachsene Hügel. Hier und da grasen ein paar Büffel.


Für die Nacht halten wir in Pak Beng, einem weiteren Ort am Ufer des Mekong. Auch dort geht wieder die Suche nach einem Schlafplatz los. Wir ergattern ein günstiges Zimmer in einem Holzhaus mit papierdünnen Wänden, aber immerhin einem eigenen Badezimmer, und gehen in einem nahegelegenen Lokal zum Essen.


Teil zwei der Bootsfahrt beginnt am nächsten Morgen mit halbstündiger Verspätung um halb 10. Die sieben Stunden bis Luang Prabang beginnen sich allmählich zu ziehen, sodass wir dann doch alle froh sind, gegen fünf Uhr nachmittags an unserem Zielort anzukommen. Wir nehmen ein Tuktuk vom Bootspier in die Stadt, nur um nach einigen Metern Fahrt wieder austeigen zu müssen. Der Weg ist zu uneben. Der Fahrer muss sein Gefährt ein Stück über die holprige Straße schieben, bevor wir wieder aufsteigen können. Spätestens jetzt bin ich froh, nicht die Busvariante nach Laos gewählt zu haben.

Luang Prabang ist ein sehr entspannter Ort, der auf zwei Seiten vom Mekong und seinem Nebenfluss gesäumt wird. Die Stadt ist überraschend sauber und grün. In der französisch angehauchten Altstadt gibt es zahlreiche Cafés. Dazwischen immer wieder kleine und größere „Wats“, die landestypischen buddhistischen Tempel und mit ihnen die vielen, in orangene Tücher gewickelten Mönche.

 

Rudi und ich genießen die Ruhe des Ortes, spazieren tagsüber am Fluss entlang und streifen Abends über den Nachtmarkt, der täglich direkt vor unserem Gasthaus stattfindet oder trinken mit Marian ein Bier in einer der vielen Bars. Wir leihen uns Fahrräder aus, um die nähre Umgebung zu erkunden und schieben die Drahtesel die Hälfte der Zeit fröhlich über nicht befestigte Wege.

 

 

Nach ein paar Tagen Entspannung beschließen wir, unsere Reise Richtung Vientiane, der Hauptstadt Laos‘ fortzusetzen. Diesmal gibt es wenig Alternativen zur Busfahrt, also beißen wir in den sauren Apfel und reservieren uns zwei Schlafplätze im Übernachtbus.

Ich geh am Bahnhof noch kurz Pipi und hoffe, die zehnstündige Fahrt über einfach schlafen zu können. Im Bus gibt es drei Reihen nebeneinander mit jeweils zweistöckigen Betten. Mein Ticket gilt für einen der oberen Schlafsitze am Rand. Rudi hat weniger Glück und bekommt einen Platz in der Mitte zugewiesen.

 

Schon nach zehn Minuten Schaukelfahrt merke ich: Mit dem Schlafvorhaben wird es nichts. Stattdessen ist mir ordentlich schlecht. Ich versuche, mich mit Musikhören vom Geschaukel und meinem laut schnarchenden Hintermann abzulenken. Rudi erkundet in der Zeit die buseigene Toilette und kommt angewidert zurück. Scheinbar war noch jemand anderem im Bus übel. Das Klo ist vollgekotzt und zudem funktioniert die Spülung nicht, sodass das halb verdaute Abendessen dort mit allerlei anderem lustig zusammen umherschwimmt.

 

Ich appelliere an meine Blase durchzuhalten, doch das Miststück lässt mich im Stich: Um ca. ein Uhr nachts, nach fünf Stunden Fahrt, beschließe ich, die Toilette doch mal selbst zu erkunden, doch es sieht nicht gut für mich aus: Die kaputte Spülung hat dazu geführt, dass die Schüssel mittlerweile fast bis zum Rand voll ist. Schon jetzt schwappt die Brühe bei jeder Kurve gefährlich weit. Sollte ich mich auch noch dahin erleichtern, läuft das Ding über. Auf Bildmaterial verzichten wir hier mit Absicht.

 

Vom Anblick auf dem Klo und dem Geschaukel der Fahrt, ist mir noch schlechter geworden als sowieso schon. Ich lege mich wieder kurz auf meinen Platz, um meinen Magen zu beruhigen und versuche den Busfahrer mittels Gedankenübertragung zu einer Pause zu bewegen. Bisher hatten wir nur einmal kurz am Wegesrand angehalten, damit die Fahrer tauschen konnten.

 

 

Nach einer weiteren Stunde bin ich verzweifelt genug um nach vorne zu wackeln und den Busfahrer anzuflehen doch bitte kurz anzuhalten. Leider spricht dieser kaum Englisch, doch als ich immer eindringlicher auf ihn einrede („Toilet no work, toilet no work“), versteht er mich und bedeutet mir, fünf Minuten zu warten. Tatsächlich hält er ein paar Augenblicke später an einer kleinen Einbuchtung an der Straße und ich springe, so schnell ich kann, hinter den Bus. Noch nie hat sich Pipimachen so gut angefühlt! J

 

Wir kommen eine Stunde früher als geplant, gegen fünf Uhr Morgens, am Busbahnhof in Vientiane an. Ein Tuktuk bringt uns zum Hostel, wo wir zum Glück auf der Couch in der Lobby warten dürfen, bis wir unser Zimmer beziehen können.

 

Vientiane ist weitaus dreckiger, ärmer und lauter als Luang Prabang. Die meisten Backpacker nutzen die Stadt nur als Zwischenstation für die Weiterreise. So auch wir. Nach zwei vollen Tagen geht es für uns weiter Richtung Kambodscha. Diesmal mit dem Flieger.

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