Warum man in Singapur keine Gurken kaufen und nicht in Aufzüge pinkeln sollte

5,5 Millionen Menschen leben im flächenmäßig kleinsten Staat Südostasiens. Diese Einwohner stammen aus aller Herren Länder: China, Malaysia, Indien, Teilen Europas – was den Stadtstaat zu einem einzigartigen Schmelztiegel der Kulturen und Sprachen macht. Doch im Gegensatz zu anderen Orten, an denen fremde Kulturen aufeinandertreffen, herrscht in Singapur eine außergewöhnliche Ordnung.


Schon bei der Einreise per Bus fällt uns auf, wie sauber der Staat im Vergleich zu anderen Ländern Südostasiens ist. Zu verdanken ist dies, nicht zuletzt, den zahlreichen strengen, teilweise einzigartigen und etwas kuriosen Gesetzen, die im Land herrschen. Alle paar hundert Meter trifft man auf Verbotsschilder, die darauf hinweisen, welche Strafen einem blühen, sollte man sich nicht an diese halten. Beispielsweise werden achtlos auf die Straße geworfener Müll oder Zigarettenstummel mit einer Geldstrafe von 500 bis zu 5.000 Singapur Dollar (ein Euro sind etwa 1,50 SGD) geahndet.


Auch Klogänge sind in Singapur klar reguliert: Es ist gesetzlich festgelegt, dass man nach der Benutzung einer öffentlichen Toilette die Spülung drücken muss. Außerdem ist es streng verboten, in Fahrstühle zu urinieren. Bei Missachtung dieser Gesetze muss der Übeltäter 500 SGD an den Staat abdrücken. Wer auf die dumme Idee kommen sollte, sich irgendwo in der Stadt mit einem Graffiti zu verewigen oder anderweitigen Vandalismus zu betreiben, kann sich bei Erwischtwerden auf ein paar saftige Schläge mit dem Rattanstock auf den nackten Hintern freuen. Um böse Buben (und Mädchen) für ihre Taten büßen zu lassen, bzw. diese davon abzuschrecken, ist Prügelstrafe nämlich, genau wie die Todesstrafe, in Singapur eine gängige Methode. Letztere wird übrigens schon bei mittelgroßen Drogendelikten verhängt.


Man braucht jedoch nichts Verbotenes zu tun, um in Singapur viel Geld loszuwerden. Die Stadt gilt als eine der teuersten der Welt und lässt uns das auch spüren. Für ein Glas Bier in der Bar zahlt man beispielsweise zwischen 8 und 15 SGD, ein Milkshake an einem der beliebten Plätze an der Uferpromenade, schlägt mit 10 SGD zu Buche. Am meisten überraschen uns aber, beim Besuch eines lokalen Supermarkts, die Preise für Obst und Gemüse. Für eine Salatgurke wird hier ein stolzer Preis von 8 (!) SGD verlangt. Fast 6 Euro für eine Gurke!?!? An dieser Stelle möchte ich eine dringende Warnung davor aussprechen, unaufmerksam in singapurischen Supermärkten einzukaufen. Es besteht die realistische Gefahr, hinterher Privatinsolvenz anmelden zu müssen. Rudi und ich beschließen bei Anblick der Preisschilder jedenfalls spontan, uns für die kommende Woche von Toastbrot und Pappkarton zu ernähren.

Ganz so schlimm kommt es dann aber doch nicht mit uns. Unser Hostel mitten in Chinatown bietet uns, neben einem inbegriffenen Frühstück, auch die beste Lage, um uns preisgünstig an einem der vielen Straßenstände zu verpflegen. In diesem Teil der Stadt fühlen Rudi und ich uns tatsächlich ein bisschen nach China zurückversetzt. Rote Lampions zieren die, von zwei- bis dreistöckigen Häusern im Kolonialstil gesäumten, Straßen. Ein direkter Gegensatz zum sonstigen Stadtbild, das größtenteils von modernen Hochhäusern geprägt ist.


Wie schon im vorherigen Artikel erwähnt, sind auch Tom und Gabby gerade in Singapur. Leider wird das vorerst unser letzter Treffpunkt mit ihnen, denn die zwei fliegen, nach ihrer zehn Monate langen Reise durch Europa und Asien, nun von Singapur zurück nach Melbourne. Umso mehr freuen wir uns, noch einen letzten Tag mit den beiden zu verbringen.


Wir haben uns verabredet, mit der Fähre auf eine der benachbarten Inseln zu fahren. Pulau Ubin ist ca. 10 Quadratkilometer groß und weitgehend naturbelassen. Autos sind auf der Insel verboten, was sie zu einem beliebten Ausflugsziel für Fahrradfahrer macht. Auch wir mieten uns vier Drahtesel und erkunden das Eiland per Rad. Über Stock und Stein fahren wir durch Wiesen und Wälder, an kleinen Seen und Tümpeln vorbei, und kommen bei Temperaturen deutlich über 30° Celsius und der hohen Luftfeuchtigkeit, ordentlich ins Schwitzen. Nach einer Pause am Getränkestand ist unsere Motivation, die sportlichen Aktivitäten fortzusetzen, so weit gesunken, dass wir beschließen den Weg zurück in die Stadt anzutreten. Tom und Gabby, die bei Freunden in der Stadt wohnen, bieten uns an, den restlichen Tag an deren hauseigenem Pool zu verbringen. Ein Vorschlag, den wir nach der ganzen Schwitzerei nur zu gerne annehmen. 

Zur Feier des Tages gönnen wir uns den „Luxus“  und kaufen auf dem Weg zum Appartmentkomplex noch ein paar Dosen Bier ein, die wir uns im Whirlpool schmecken lassen.


Nach dem gemeinsamen Abendessen in der Fressmeile Chinatowns, müssen wir uns dann leider auch schon schweren Herzens von unseren zwei Freunden verabschieden. Schon erstaunlich, was aus einem Smalltalk in der transsibirischen Bahn geworden ist. Wir sind uns sicher, wir werden uns wiedersehen.


Die restliche Zeit in Singapur, erkunden Rudi und ich die Stadt meist zu Fuß. Nach drei Tagen in Chinatown ziehen wir der Abwechslung halber nach Little India, wo Rudi unter anderem sein nie endendes Verlangen nach Tandoori Chicken und Naan-Brot befriedigen kann. Statt roter Lampions fallen einem hier die vielen Menschen in bunten Saris und die von zigtausenden Figuren gezierten, hinduistischen Tempel ins Auge. So unterschiedlich wie die beiden Stadteile sind, kann man wirklich kaum glauben, dass sie nur eine 10 minütige Bahnfahrt voneinander entfernt liegen.


Besonders angetan hat es uns auch die Gegend um den Marina Bay, dem jüngsten Stadtteil Singapurs, der größtenteils auf Sandaufschüttungen im Meer erbaut wurde. Bekanntestes Hotel und eines der Wahrzeichen der Stadt, ist das Marina Bay Sands, das bei Tag und Nacht ein interessantes Fotomotiv abgibt. Hinter dem Hotel befindet sich ein riesiger Garten voller exotischer Pflanzen, der vor allem durch die „Supertrees“, 18 futuristische, verschiedenartig bepflanzte, Metallbäume bekannt ist. Diese sind Mammutbäumen nachempfunden und dienen nicht nur als vertikale Gärten, sondern auch als Belüftungsschächte für die Gewächshäuser, Regenwasserspeicher und teilweise als Stromlieferanten, denn elf Superbäume sind mit Solarzellen ausgestattet. Die beiden höchsten davon sind durch eine Besucherbrücke miteinander verbunden, von der aus man eine großartige Aussicht auf die Parklandschaft hat.


An der Uferpromenade vor dem Marina Bay Sands kann man jeden Abend in den Genuss einer spektakulären Lasershow kommen. Begleitet von klassischer Musik, werden auf Dampfwolken und Fontänen, die aus dem Wasser in die Luft gesprüht werden, Lichter und Bilder projiziert, die bildhaft die Geschichte eines Mannes von seiner Geburt bis zum hohen Alter erzählen.


Seitlich des Marina Bay befindet sich die Esplanade, die gerne von Spaziergängern und Joggern genutzt wird. Von Freitag bis Sonntag treten hier abends auf einer Freilichtbühne unterschiedliche Bands und Solosänger auf. Die Konzerte sind, genau wie die Lasershow und der Eintritt in die „Gardens by the Bay“ komplett kostenlos.

An der Bucht sitzend, dem Konzert lauschend und die Skyline betrachtend, finden wir den Stadtstaat mit all seinen Kuriositäten gar nicht mal unsympathisch. 

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