Wild Wild West! (Teil 1)

Ein in die Jahre gekommener Van, zwei mittelalte Backpacker, ein paar Kängurus, Emus, Delfine, Dugogs,  Pelikane, Schildkröten und Quokkas unbestimmten Alters, 15 Tage, 4500 Kilometer und Millionen von Fliegen und Moskitos. So lässt sich unser Roadtrip entlang der australischen Westküste in etwa zusammenfassen. Doch wie immer enthalten wir euch auch die Details nicht vor:

 

Der Anfang steht unter keinen guten Vorzeichen. Nach einer eher unruhigen Nacht im Sechserzimmer eines Backpacker-Hostels in Perth (Stichwort: betrunkene, hormongeladene 20jährige, die das erste Mal von zu Hause weg sind. Und: wir sind echt zu alt für diesen Scheiß…), dürfen wir unser rollendes Zuhause auf Zeit abholen. Uns erwartet: Ein Toyota Tarago, Baujahr 1997, eine knappe halbe Million Kilometer (wirklich wahr!) auf dem Buckel, etwas klapprig aber charmant. Wettermäßig sieht’s momentan auch eher mau aus. Seit dem Morgen ist es in Perth grau und nieselig. Aber wir nehmen das jetzt mal nicht als böses Omen.

 

Da Australien einfach zu viel zu bieten hat, um sich auf nur eine Tour festzulegen, fahren wir gleich in zwei Richtungen. Zuerst in den Süden bis in das Städtchen Esperance mit den – so heißt es -  weißesten und schönsten Stränden des Landes, dann eine Schleife landeinwärts über das Outback mit seinen Minenstädten, bis zurück nach Perth, und von da aus in Richtung Norden, Australiens berühmter Shark Bay entgegen, die neben Haien vor allem auch zahlreiche Delfine beherbergt. Das Ganze soll in etwa so aussehen:

Aber vielleicht fahren wir auch erst nach Norden und dann in den Süden? Genau genommen haben wir uns bis zum letzten Tag vor Beginn unserer Tour nicht entscheiden können. Grund dafür ist ein Zyklon, der an der australischen Westküste und über dem Indischen Ozean wütet. Straßen wurden überflutet, Bäume umgeworfen. Niemand kann genau vorhersagen ob das Unwetter nochmal zurückkommt und in welche Richtung es zieht. Da die schlechten Nachrichten aus dem Norden überwiegen, entscheiden wir uns dann doch für Variante Nummer eins und machen uns auf den Weg Richtung Margaret River, einer von Australiens berühmtesten Weinregionen.

 

Der Weg ist gerade und einfach. Die Landschaft bietet nicht allzu viel Abwechslung. Je weiter wir uns von Perth entfernen, desto weniger Autos kommen uns entgegen. Mit 100 Sachen fahren wir stetig geradeaus. Mit wir meine ich Rudi. Der Macho wird mich nämlich während der gesamten Tour nicht ans Steuer lassen. Aber so sehr traurig bin ich darüber eigentlich gar nicht. Mehr Schläfchen-Zeit für mich.

 

Unseren ersten Halt machen wir im beschaulichen Busselton, einem Fischerort am Meer. Das Nieselwetter und die kalte Luft aus Perth haben uns bis hierhin verfolgt. Das erste Mal seit Ewigkeiten muss ich meine Regenjacke aus den Tiefen meines Dufflebags herauskramen. Wir vertreten uns die Beine entlang der Uferpromenade und kaufen die ersten Vorräte für unsere weitere Reise ein.

Weiter geht’s, immer Richtung Süden. Das Wetter bleibt mies. Den ganzen ersten Tag lang. Also lassen wir alle Orte unterwegs links liegen und parken erst kurz bevor es dunkel wird, irgendwo im Nirgendwo, auf einem Rastplatz im Wald. Man sollte nachts in Australien nicht unbedingt noch durch unbewohnte Gebiete fahren, denn dann ist die Gefahr, dass einem ein Känguru direkt vor’s Autos springt am höchsten. Schon am nächsten Tag werden wir erfahren, wie hoch diese auch am hellichten Tag  ist, als Rudi nur durch rapides Abbremsen einen Zusammenstoß mit einem der Tiere verhindern kann.


Da stehen wir also um sieben Uhr abends da. Der Regen plätschert uns auf‘s Dach und der Wald um uns macht Waldgeräusche. Es ist ein bisschen unheimlich und ein bisschen heimelig. Bei Kerzenlicht versuchen wir zu lesen, bis wir müde werden, was nach der unruhigen vorangehenden Nacht im Hostel zum Glück auch recht schnell der Fall ist.

Man sagt, dass jeder, der das Gleichgewicht zu seiner inneren Uhr herstellen will, eine Woche lang campen gehen sollte.


Es ist was Wahres dran, denn tatsächlich leben wir in den zwei Wochen im Rhythmus der Tageszeiten. Wir schlafen zwischen neun und zehn Uhr abends ein und wachen gegen halb sechs Uhr morgens auf, sobald das erste Licht durch unser Schiebedach fällt.


Am zweiten Tag unseres Roadtrips scheint dann auch endlich die Sonne wieder und kommt uns wie gerufen für einen Ausflug in den Nationalpark bei Albany, in dem teilweise 400 Jahre alte Riesenbäume wachsen. Zwischen den Bäumen wurde ein Wipfelpfad errichtet, der an der höchsten Stelle etwa 40 Meter hoch ist. Die Bäume, die bis zu über 70 Metern hoch werden können, ragen ihre Äste weit über unsere Köpfe hinweg und wir kommen uns winzig klein vor.

Am Strand in der Nähe von Albany duschen wir und machen ein Picknick. Unser Campervan hat einen eingebauten Gaskocher, sodass wir auf selbstgekochtes Essen nicht verzichten müssen.


Esperance begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Die Stadt ist an sich nichts Besonderes, dafür sind die Strände hier wirklich der Wahnsinn. Wir fahren den Great Ocean Drive, einen 40km langen Rundweg an der Küstenlinie, entlang und müssen buchstäblich alle 100 Meter anhalten weil die nächste Bucht die vorhergehende nochmals toppt. Die Fotos in unserer Galerie sind dabei nur eine kleine Auswahl.


Für den nächsten Tag ist nochmal ein Ausflug in den Nationalpark geplant. Der Cape Le Grand National Park ist nur ca. 60 Kilometer von Esperance entfernt und bietet neben der heimischen Flora und Fauna auch ein paar kleinere Berge zum Besteigen sowie einen weiteren schneeweißen Strand, an dem man, wenn man Glück hat, auch Kängurus beim Sonnen beobachten kann. Kängurus am Strand? Klar dass wir uns das nicht entgehen lassen möchten. Doch da vor dem Vergnügen bekanntlich die Arbeit kommt, erklimmen wir zunächst mal den kegelförmigen Frenchman Peak. Der Aufstieg ist anstrengender als gedacht, belohnt uns dafür aber mit einem wirklich beeindruckenden Rundum-Blick über den gesamten Nationalpark.

Zum Abkühlen geht’s dann an den Lucky Bay, oben besagten Strand. Von Beuteltieren ist zunächst mal keine Spur, doch trotzdem hat sich die Fahrt hierhin gelohnt. Glasklares Wasser, weißester Sand. Ich klinge wohl mittlerweile für euch wie ein alter Leierkasten, kann aber einfach keine anderen Worte finden. Es ist ja nicht so, dass wir bisher keine schönen Strände gesehen haben, aber gegen diesen hier stinkt jede noch so schöne Bucht in Südostasien einfach nur ab.


Als wir schon denken, dass wir diesmal kein Glück haben und auf dem Weg zurück zum Auto sind, kommt just in dem Moment ein kleines Känguru angehüpft. Ich dreh durch vor Freude. Ein Känguru am Strand! Das gibt’s wirklich nur in Australien. J

Von Esperance aus geht’s erstmal landeinwärts. Irgendwo dort im Outback befindet sich die Goldgräberstadt Kalgoorlie-Boulder und direkt daneben der Super Pit, eine 3,5 Kilometer lange und 1,5 Kilometer breite Goldgrube. Das Bergwerk ist in etwa so tief wie der Ayer’s Rock hoch ist (also ca. 380m). Für Touris gibt es täglich eine Führung durch die Mine mit dem Bus.


Wir kommen am Morgen in Kalgoorlie an. Die Stadt sieht ein bisschen aus wie aus einem Westernfilm. Breite Straßen, auf denen früher ganze Kamelkarawanan wenden konnten, einige Bars im Saloon-Stil, prunkvolle Kolonialgebäude. Kalgoorlie wurde gegründet, als Patrick Hannan im Jahr 1893 an dieser Stelle ein paar Brocken Gold fand, die dort einfach so auf dem Boden rumlagen und damit den großen australischen Goldrausch auslöste.


Der Super-Pit ist DIE Sehenswürdkeit der Stadt, allerdings haben wir nicht das Gefühl, dass außer uns noch viele andere Touris den langen Weg auf sich genommen haben. Wir sollen uns getäuscht haben. Als wir im eigens dafür errichteten Superpit-Fanshop zwei Tickets für die Tour erwerben wollen, teilt uns die freundliche Dame am Schalter mit, dass diese für die nächsten zwei Tage ausgebucht ist. Wir wissen beim besten Willen nicht, was wir noch zwei ganze Tage in dieser verlassenen Gegend, in der es außer Kalgoorlie vor allem viel Nichts gibt, machen sollten, und entscheiden uns gegen das Warten. Außerdem zieht es uns zurück an die Küste, ans Meer. Also machen wir uns wieder auf den Weg Richtung Perth. 

Doch die Strecke zurück nach Perth ist lang. Sehr lang. Hunderte von Kilometern an verstaubten, von roter Erde und kleinen Büschen gesäumten Straßen. In Southern Cross, einem 400 Seelen Dorf irgendwo auf halbem Weg, machen wir Halt für die Nacht. Unser Campingplatz dort gäbe eine gute Szenerie für einen Horrorfilm ab. Ein paar Barracken aus Wellblech, ein verlassener Kinderspielplatz mit verrosteten Schaukeln und einer quietschende Wippe, ein schrulliger Campingplatzbesitzer und außenrum viel Nichts. Wir sind zwei von insgesamt vielleicht 6 Gästen auf dem Platz.


So viel vorab: wir haben überlebt. Alles andere, unsere Abenteuer auf dem Weg zum Shark Bay und was es mit dem „Aussie Salute“ auf sich hat, erfahrt ihr schon bald im zweiten Teil unseres Berichts über unseren Roadtrip.

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