Wiedersehen mit der Sunshine Coast

Brisbane ist für Rudi und mich eine alte Bekannte, denn vor genau fünf Jahren haben wir an der Sunshine Coast, einem Küstenabschnitt nur 100km nördlich der Stadt studiert und oft Ausflüge hierher gemacht.

Leider ist die Freude über das Wiedersehen wohl eher einseitig. In Brisbane regnet es vier Tage am Stück, sodass wir kaum was unternehmen können.
Also beschließen wir, über Ostern an die Sunshine Coast zu fahren, in der Hoffnung, dass sie ihrem Namen Ehre macht. Und tatsächlich werden wir nicht enttäuscht – sobald wir aus dem Zug in Landsborough aussteigen, strahlt die Sonne vom hellblauen Himmel. So können die Feiertage beginnen!

Da wir mit Airbnb schon einige gute Erfahrungen gemacht haben, buchen wir auch diesmal ein Zimmer bei einem Paar in Mount Coolum, einem kleinen Ort an der Küste. Tony und Angela sind junggebliebene Mitfünfziger, die regelmäßig die Zimmer ihres Hauses an Backpacker vermieten. Die beiden lieben es, Gäste im Haus zu haben und sind die wohl herzlichsten Gastgeber, die man sich wünschen kann. Schon nach dem ersten Abend, an dem wir von Angela sogar bekocht werden, sind Rudi und ich in den Kreis der „Patchwork-Familie“ aufgenommen, zu der außer uns und unseren Gastgebern samt Hund Smoko, auch Maicol und Jennifer gehören, ein junges Pärchen aus Italien, das schon seit ein paar Wochen das zweite Gästezimmer im Haus bewohnt.

Auch die nächsten Tage verbringen wir zusammen.

Ostersonntag nehmen Tony und Angela uns mit auf einen Ausflug in den Nationalpark, wo man im Auffangbecken eines Wasserfalls baden kann. 

Zum Mittagessen halten wir am – Tonys Meinung nach – besten Laden für Fish and Chips in ganz Queensland und lassen uns eine riesige Portion frittierten Fisch mit Pommes (bzw. Curly Fries) schmecken.


Am Abend gibt es dann Grillhähnchen mit Gemüse. Dazu Wein und zum Dessert TimTams, Australiens beliebteste Kekse. Maicol, passionierter Gitarrenspieler und Sänger, gibt uns in einem Privatkonzert sein breites Repertoire italienischer und spanischer Songs zum Besten. Tony, der in seinem Leben schon die verschiedensten Jobs, vom Koch zum Konzertorganisator, inne hatte und ein fabelhafter Geschichtenerzähler ist, sorgt mit seinen teils witzigen, teils kuriosen Erzählungen für einige Lacher. Ostern so weit weg von zu Hause könnte nun wirklich schlechter sein.


Ostermontag fahren Rudi und ich mit Maicol und Jennifer an den Rainbow Beach, einen Küstenabschnitt ca. 150km weiter nördlich. An einem der Strände dort baden wir im Meer und machen ein Picknick. Später wandern wir durch den nahegelegenen Nationalpark und genießen die Stille an einem der kleinen Süßwasserseen mitten im Dschungel.

Für die nächsten zwei Wochen ist das mein letzter Tag in Australien, denn – Überraschung! – ich komme für ein paar Tage nach Hause, und zwar aus einem besonderen Grund: Mein Großvater wird 80 Jahre alt und feiert eine große, bunte Party. Klar dass ich da nicht fehlen möchte. Das Beste daran: Er weiß nicht, dass ich komme! Hihi…


Also nimmt Angela mich am nächsten Morgen mit nach Brisbane, von wo mein Flieger Richtung Frankfurt startet. Schon seltsam: Im einen Moment wandert man noch durch den australischen Urwald und nur einige zig Stunden später esse ich meine erste Butterbrezel seit sechs Monaten am Frankfurter Flughafen.

Die zwei Wochen in Deutschland, bzw. Polen vergehen für mich wie im Flug, die Überraschung ist ein voller Erfolg und die Geburtstagsparty meines Opas ist legendär.


Nur der arme Rudi muss die Tage leider irgendwie ohne mich überstehen. Was er in der Zeit treibt, erzählt er euch hier selbst:

 

"Zwei Wochen ohne meine Monika. Was macht man mit der neugewonnen Freiheit, wenn die Fußfesseln erst einmal weg sind? Natürlich bin ich unendlich traurig darüber, dass meine bessere Hälfte im weit entfernten Deutschland den Geburtstag ihres junggebliebenen Opas feiert und kurzfristig nicht mehr bei mir ist. Andererseits kann ich nun auch mal wieder Pizza zum Frühstück essen, ohne dass mich dabei jemand komisch anschaut.


Nach einem weiteren Tag bei Tony und Angela beschließe ich nach Mooloolaba in ein Hostel zu ziehen, bis ich eine Arbeit für Kost und Logie in der näheren Umgebung gefunden habe. Mooloolaba ist nicht weit entfernt von meiner ehemaligen Uni und viele Stunden habe ich dort am Strand verbracht, wenn die Vorlesungen damals spontan mal „ausgefallen“ sind. Viele Erinnerungen werden einem zurück ins Gedächtnis gerufen, wenn man an diesem wunderschönen Strand entlang spaziert oder Zeit im Sunshine Plaza verbringt – ein nahgelegenes Einkaufszentrum, welches jeder Student der Sunshine Coast mindestens einmal wöchentlich aufgesucht hat. Die Erinnerungen sind noch sehr frisch an das damalige Auslandssemester, jedoch liegen diese bereits über 5! Jahre zurück. Ich will nicht wie ein alter Mann klingen, der nostalgisch auf sein Leben in jungen Jahren zurückblickt, aber es ist echt ein Wahnsinn, wie schnell diese Jahre verflogen sind. Damals machte ich noch meine Scherze über meinen Kumpel Martin - mit dem ich das Auslandssemester gemeinsam angetreten habe - weil er mit 29 dort als „alter Mann“ unter den jungen Studenten rumhüpfte. Heute bin ich es, der die 29 Jahre erreicht hat und sich im Hostel, unter lauter 18-21-Jährigen, ein wenig alt vorkommt und nicht unbedingt bei jedem Trinkspiel mitmachen will.


Übrigens: Viele Grüße an dich Martin! Wie alt bist du jetzt? 34?! Du alter Sack  ;-P
(Passend hierzu haben wir ein Bild von 2010 auf dem Dachboden gefunden. ;) )

Jetzt aber zurück zur Gegenwart. Nach 3 Tagen Entspannung in Mooloolaba, finde ich über workaway.com einen Job in Brisbane. Mein Gastgeber Luke, dessen Alter ich bis zum Schluss nicht erfahren werde, hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: er möchte die Grünflächen seines, an der Flussseite und am Hang gebauten Hauses, grundlegend verändern. Die 4-5 terrassenförmigen Ebenen, welche von schulterhohen Gräsern und jeder Menge Unkraut übersäht sind, sollen je nach Ebene zu einem Yogastudio, Outdoorkino, Baumhauskomplex und und und… umgebaut werden. Neben meiner Wenigkeit, ist auch eine weitere freiwillige Helferin vor Ort: Elisabetta, eine 20-jährige Italienerin, welche frisch aus der Schule kommt und nun Australien für eine längere Zeit bereist.


Gemeinsam machen wir uns an die Arbeit und sind In den kommenden 10 Tagen überwiegend damit beschäftigt, alle Flächen von Unkraut zu befreien, Material für das Baumhaus zu besorgen sowie viele weitere Aufgaben rund um Haus und Garten. Neben gutem Essen und einem Dach über dem Kopf, erhalten wir fleißigen Arbeiter auch alle Meditations- und Yogastunden gratis. Da die Yogastunden aber um 7 Uhr morgens stattfinden, nutze ich die Zeit jedoch lieber zum Ausschlafen. Die Tage vergehen wie im Flug und es ist immer wieder schön durch die Arbeit und das Zusammenleben am Alltag anderer teilhaben zu können. Ich kann sogar endlich wieder Fußballspielen, weil sich einmal wöchentlich Lukes Freunde im Park versammeln und ein kleines Freundschaftsspiel austragen.


Wie wir an einem Vormittag gleich zwei aggressive und hochgiftige Brownsnakes im hohen Gras gefunden haben und eine riesige Wolfspinne mein Bein hochgekrabbelt ist, erzähl ich euch dann lieber persönlich. Da meine lieben Eltern ja mitlesen, möchte ich sie hier auch nicht mit solchen Horrorgeschichten beunruhigen ;)

Nun ist aber Monika wieder dran…

Nach 9 Tagen in Deutschland, 5 Tagen in Polen und 27 Stunden Flug mit Zwischenstopps in Helsinki und Singapur, lande ich wieder am Flughafen in Brisbane, wo mein Schmusi schon grinsend auf mich wartet. Der Vitaminmangel, ausgelöst durch den täglichen Verzehr von Pizza und Subway Sandwiches, scheint seiner Gesundheit nicht sonderlich abträglich gewesen zu sein. Trotzdem werde ich versuchen, ihm in den nächsten Tagen ein paar Kilo Obst und Gemüse unterzujubeln. Sicher ist sicher. ;)


Wir mieten uns ein Auto und fahren schnurstracks wieder an die Sunshine Coast, wo ich im, für den ersten Tag meiner Rückkehr, angemieteten Zimmer, in einen Tiefschlaf verfalle, der Dornröschen vor Neid erblassen ließe. Dass ich dafür dann schon um 3 Uhr nachts hellwach bin, versteht sich fast von selbst. Jetlag lässt grüßen.

Am nächsten Tag holen Rudi und ich den längst fälligen Besuch am Ort unseres Kennenlernens nach, und fahren an die Uni. Wie schon damals liegen auf der Wiese vor der Bibliothek ein paar Kängurus träge im Schatten und auf dem See, der die Uni von den Studentenwohnheimen trennt, schwimmen gemächlich schwarze Schwäne. Ich liebe diesen Ort, mit dem ich so viele gute Erinnerungen verknüpfe, und könnte hier fast ein bisschen sentimental werden.

Nach einem Mittagsstopp in der Sunshine Plaza fahren wir weiter zu Angela und Tony, denen ich versprechen musste, mich nach meiner Rückkehr aus Deutschland noch einmal blicken zu lassen. Klar, dass Rudi und ich dieses Versprechen nur allzu gern einlösen und uns für zwei weitere Nächte bei den beiden einquartieren.

Das gute Wetter nutzen wir noch für einen Ausflug nach Noosa, einem beliebten Ferienort mit – meiner Meinung nach – einem der schönsten Strände Queenslands, in dessen Nähe oft Koalas zu finden sind. Heute lässt sich leider keins der knuffigen Tiere blicken. Dafür erblicken wir nur ein paar Meter vor uns einen Kookaburra (kleiner Vogel mit großem Schnabel, dessen „Gesang“ abwechselnd an lachende Affen oder schreiende Kinder erinnert). Auch schön.


Wir genießen noch einmal einen Abend mit Angela und Tony, bevor wir uns am nächsten Tag auch schon von unseren neu gewonnenen Freunden verabschieden müssen. Für Rudi und mich geht es zurück nach Brisbane und von da aus weiter ostwärts, dem Pazifikstaat Fidschi entgegen.


Vorher löse ich aber noch ein weiteres Versprechen ein und treffe mich mit einem Freund aus Studienzeiten auf ein Cider in der Stadt. Josh, der mittlerweile als Krankenpfleger in einem Privatkrankenhaus in Brisbane arbeitet, ist einer der wenigen Australier, die damals mit uns studiert haben und noch in der Gegend der Sunshine Coast leben. Er war mein Nachbar im Studentenwohnheim und der Kontakt ist – Facebook sei Dank – nie abgebrochen, was uns nun einen witzigen letzten Abend in Australien beschert.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen Rudi und ich das Land, in dem wir uns so wohl fühlen, wie sonst nur zu Hause. Die letzten zwei Monate sind verflogen, aber ich weiß definitiv, dass wir nicht das letzte Mal Fuß auf australischen Boden gesetzt haben. Zum Trübsal blasen gibt es auch kein Grund – oder fällt euch einer ein, bei der Aussicht auf Urlaub in der Südee?

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