Eine Seefahrt die ist lustig... zumindest meistens

Durch die Luft oder durchs Wasser, das sind die zwei Wege, um von Panama nach Kolumbien zu kommen. Jetzt werden aufmerksame Leser wie ihr, die immer einen Atlas zur Hand haben, fragen: Aber was ist mit dem Landweg? Nun ja, im Prinzip habt ihr da Recht, nur erstens gibt es keine befahrbare Straße, die über die Grenze führt, sondern nur den Darien-Trek, einen schmalen Wanderpfad durch den Regenwald, und zweitens tummeln sich in diesem Gebiet ganz gern mal kolumbianische Guerillas und Paramilitärs und die sind nicht gerade für ihre freundliche und hilfsbereite Art bekannt.


Also Fliegen? Nee, viel zu langweilig. Außerdem verpasst man dabei Panamas eigentliches Highlight, die San Blas Inseln. Wir (das heißt Niklas, Christina, Rudi und ich) entscheiden uns deshalb für eine fünftägige Bootsfahrt. Die startet allerdings nicht direkt von Panama City, sondern von El Porvenir, der ersten San Blas Insel. Um dahin zu kommen, muss man erst einmal zwei Stunden lang quer durch den Nationalpark fahren, wo an einer bestimmten Stelle am Fluss kleine Motorboote warten, die uns zu unserem Katamaran bringen sollen.


Um fünf Uhr morgens werden wir also abgeholt. Das Fahrzeug: ein Geländewagen, der bequem Platz für acht Personen bietet, solange diejenigen in der hintersten Sitzbank keine Beine haben. Da im Auto bereits drei andere Fahrgäste sitzen, verbringen Rudi, Christina und ich, im vollsten Besitz aller Körperteile, die Fahrt daher etwas gequetscht in einer eher unnatürlichen Körperhaltung und sind dankbar für die kurze Pause, die wir noch in einer Reiseagentur einlegen, um alle Formalitäten für unsere bevorstehende Bootsreise samt Grenzüberquerung, zu regeln.


Dann geht’s aber wirklich los. Schon der Weg zur Bootsstelle ist ziemlich abenteuerlich und führt über kurvige Pfade, bergauf und bergab durch den Wald. An einer bestimmten Stelle werden unsere Pässe kontrolliert. Ab hier wird das Land von den Kuna Indianern verwaltet. Die wollen, neben einer kleineren Abgabe für den Nationalpark in dem wir uns gerade befinden und zu dem auch die San Blas Inseln gehören, vor allem auch die Kontrolle über den Tourismus in der Gegend behalten.

Wir fahren weiter, die Straße wird nicht weniger kurvig. Vielleicht wisst ihr noch aus unserem Bericht aus Thailand, dass mein Rudi nicht gerade seefest ist. Nun ja, er neigt auch bei anderweitigen Fortbewegungsmitteln schnell zur Reiseübelkeit. Jedenfalls muss unser Fahrer dann gezwungenermaßen einen Kilometer vor dem Ziel noch eine kleine Kotzpause einlegen. „Ohje, wie soll das erst fünf Tage lang auf dem Boot werden?“, meine ich noch großmäulig zu ihm. Das Schicksal wird mich dafür noch bestrafen, aber dazu später mehr.


Da Rudi ab jetzt vorne sitzen darf, hat er auch das Glück eine riesige Schlange zu sehen, die im Gras am Wegesrand sitzt, oder wie man das bei Wesen, die keinen Hintern haben, auch immer nennen mag. Als wir vorbeifahren bäumt sie sich sogar noch auf und zischt uns wütend an. Mindestens zwei Meter lang war die, meint Rudi. (Ich erspare mir an dieser Stelle jeglichen Kommentar über Männer und ihr Vermögen, Längen richtig abzuschätzen.) Jedenfalls bin ich neidisch, weil ich sie nicht gesehen habe.

Ein bisschen zerknautscht kommen wir schließlich an der Flussstelle an, an der die Kleinboote ablegen, die uns wiederum zu unserem Katamaran bringen sollen. Unser Gepäck wird sortiert und den jeweiligen Segelschiffen zugeordnet. Nach einigem Hin- und Her ist alles verstaut und es kann losgehen. In unserem Motorboot sitzen, außer uns vieren, noch sieben weitere Leute, die auch mit uns auf der Santana, wie unser Katamaran heißt, segeln werden. Sehen eigentlich alle ganz nett aus.
Wir fahren eine kleine Weile auf dem vom grünen Dickicht umrandeten Fluss, bevor es raus auf’s offene Meer geht, das hier jedoch noch sehr seicht ist. Ein paar Mal müssen unsere panamaischen Bootsführer aussteigen und von außen anschubsen, weil wir sonst steckenbleiben würden.


Schließlich sehen wir von weitem ein paar Segelboote und ja, da ist sie: die Santana! Noch ein paar Meter und wir können umsteigen. Herzlich werden wir von Gisbert, unserem Kapitän  und seinem Helfer Louis begrüßt. Gisbert ist, wie sich herausstellt auch aus Deutschland, und verdient seit mittlerweile acht Jahren seine Brötchen mit Überfahrten von Panama nach Kolumbien und zurück. Mit an Bord ist außerdem Victor, ein langjähriger Freund Gisberts aus Panama.


Während Gisbert mit unseren Pässen nochmal per Beiboot auf’s Festland fährt, um diese für die Ausreise aus Panama stempeln zu lassen, haben wir genug Zeit, unsere Mitreisenden kennen zu lernen: drei Holländer, drei Kanadier und ein Spanier. Alle super nett und sympathisch.


Wir vertreiben uns die Wartezeit mit einem Sprung ins Meer um uns dann auf dem Sonnendeck des Katamarans wieder zu trocknen. In der Zwischenzeit kommen  einige der Inselbewohner zu unserem Boot, um ihre Waren darzubieten: Armbänder und Sarongs, Kokosnüsse, Fische und anderes Meeresgetier. 25.000 Menschen fasst die indigene Bevölkerung von San Blas, die 57 der insgesamt 356 Inseln der karibischen Inselgruppe bewohnen. Die Kunas, wie diese Ureinwohner genannt werden, leben bis heute überwiegend von der Landwirtschaft und vom Fischfang.


Als Gisbert wiederkommt, hat er einen Beamten der Ausreisebehöre im Schlepptau. Dieser will aber nur kurz unsere Gesichter sehen. Ein Blick in die Runde reicht ihm, um Gisbert unsere Pässe wieder auszuhändigen, sodass es für uns endlich richtig losgehen kann.

Unser Kapitän weist uns kurz in die Besonderheiten und Regeln auf der Santana ein und erklärt uns, dass er uns in den nächsten drei Tagen die schönsten Spots von San Blas zeigen will. In dieser Zeit können wir schnorcheln, sonnenbaden und die Inseln erkunden. Die zwei letzten Tage verbringen wir mit der Überfahrt. Ca. 40 Stunden werden wir dann auf hoher See sein bevor wir unser Ziel, die Stadt Cartagena in Kolumbien, erreichen.


Wir fahren an diesem Tag nur ein kleines Stück, haben aber bereits die Gelegenheit ein paar der Inseln vom Boot aus zu sehen: goldgelber Sand, hier und da ein paar Palmen, manchmal auch eine Strohhütte. Einige von ihnen sind nicht viel größer als ein Sandkasten, andere umfassen mehrere hundert Quadratmeter, jede davon sieht aus als könnten Robinson Crusoe und Freitag gleich um die Ecke kommen. 

Wir erreichen unseren Ankerplatz für den Nachmittag und die Nacht und dürfen nach einem leckeren gemeinsamen Mittagessen auch gleich losschnorcheln. Das Gebiet rund um die San Blas Inseln ist geschützt. Tauchen ist hier verboten, weshalb der Tourismus sich noch relativ im Rahmen hält und die Unterwasserlandschaft somit größtenteils unbeschädigt ist. Wunderschöne, vielfältige Korallen und die verschiedenartigsten Meeresbewohner haben hier ihre Heimat. Man kann schwimmen und schwimmen und es gibt immer noch mehr zu entdecken. Würde es nicht irgendwann ein bisschen kühl werden – wir würden am liebsten gar nicht mehr aus dem Wasser.


Den Abend verbringen wir damit, mit unseren Mitreisenden zu quatschen, Karten zu spielen und den Sternenhimmel anzugucken, der hier draußen auf dem Meer einfach gigantisch ist. Die Jungs laben sich etwas am Rum und beginnen irgendwann lauthals Take That Lieder zu singen. Am Ende des Tages haben sie zu fünft etwa 2,5 Liter des einjährigen „Ron Abuelo“ vernichtet, doch schließlich fallen auch sie endlich ins Bett und die Idylle auf See ist wieder hergestellt.


 Am nächsten Tag werden wir durch die Sonnenstrahlen geweckt, die schon früh durch das Fenster unserer Schlafkabinen scheinen. Zum Aufwachen gibt es erst einmal eine Yogasession an Deck, denn Bruce, einer der Kanadier, ist zertifizierter Yogalehrer. Nach dem Frühstück segeln wir zu einem der schönsten Schnorchelspots der Inselgruppe. Christina und ich schnappen uns das schiffseigene Kanu und erkunden so die umliegenden Inseln. Am Nachmittag besuchen wir eine der bewohnten Inseln, wo Gisbert sich mit einem älteren Kuna Ehepaar angefreundet hat. Wir kaufen den beiden ein paar Kokosnüsse ab und unser Kapitän spendiert uns den Rum für ein echtes Coco Loco, also einen Rumcocktail direkt aus der Kokosnuss. So lässt sich das Leben auf See doch ganz gut aushalten! J


Auch den nächsten Tag verbringen wir noch bis zum Abend auf und um diverse Inseln herum. Jede einzelne davon ist wirklich wunderschön und sollte ich mich jemals dazu entschließen auf eine einsame Insel auszuwandern, ist San Blas sicherlich der Ort an dem ich mich niederlassen werde.

Doch alles hat leider auch mal ein Ende. Direkt nach dem Abendessen verlassen wir die seichten Gewässer von San Blas und beginnen die Ozeanüberquerung Richtung Kolumbien.


Wie nah Himmel und Hölle beieinander liegen, erfahre ich schon einige Minuten nach Beginn der Fahrt, wo ich würgend über der Reling hänge und alles was ich eben verspeist hatte wieder an die Fische verfüttere. Sobald ich versuche ein paar Schritte zu gehen, sei es auf’s Klo oder um mir Wasser zu holen, wird mir augenblicklich wieder schlecht. Ohje, und so soll das die nächsten 40 Stunden weitergehen?

 

Nachdem ich gefühlte Stunden liegend an Deck verbracht habe, schaffe ich es doch noch Zähne zu putzen und mich ins Bett zu legen. Überraschenderweise hat Rudi sein Abendessen drinbehalten können. Zwar liegt auch er nur still im Bett, aber er leidet scheinbar weniger als ich. Wie gesagt – Strafe des Schicksals für meine Gehässigkeit.

Christina und Niklas, den alten Seehasen, scheint das Geschaukle kaum etwas auszumachen. Die beiden laufen munter an Bord herum und versorgen uns netterweise mit Wasser und aufmunternden Worten.

 

Die Nacht wird ziemlich unruhig. Immer wieder kommen riesige Wellen, die unseren kleinen Katamaran derart hüpfen lassen, dass wir im Bett hochfahren. Am nächsten Tag ist das Meer zwar etwas ruhiger, aber es schaukelt dennoch ordentlich. Nach einigen missglückten Versuchen aufzustehen ohne dass mir schlecht wird, beschließe ich, den Rest der Fahrt liegend im Bett zu verbringen. An Essen ist sowieso nicht zu denken.


Eine weitere Nacht, in der wir immer wieder von heftigen Hüpfern des Bootes geweckt werden, dann wache ich auf und es ist – Stille.

Ich gehe raus an Deck und der Anblick, der sich dort bietet, entschädigt sofort für die letzten 1,5 Tage des Leidens. Die Sonne geht bereits am Horizont auf und dort ganz hinten ist auch schon die Skyline von Cartagena zu erahnen. Das Meer ist spiegelglatt. Kein Anzeichen mehr von den Wellen, die uns die halbe Nacht wach gehalten haben. Nach und nach kommen alle aus ihren Betten gekrochen und versammeln sich an Deck. Die Freude ist jedem ins Gesicht geschrieben: Wir haben es geschafft!

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Kommentare: 1
  • #1

    Sarah (Sonntag, 26 November 2017 18:49)

    Das Wasser hat eine so schöne Farbe <3

    LG aus den Hotels in Schenna Südtirol