Viva Colombia!

Cartagena de Indias, die Millionenstadt an der Karibikküste Kolumbiens, die 1533 von Pedro de Heredia gegründet wurde, zählt zu den ältesten Städten Südamerikas.


Bereits als wir dort gegen 8 Uhr morgens von Bord der Santana klettern, ist es bolleheiß und ziemlich schwül. Der einhellige Wunsch aller Mitsegelnden, nämlich in ein klimatisiertes Hotel mit funktionierender Dusche und einem weichen Bett einzuchecken, muss bis zur Erfüllung allerdings noch etwas warten, denn zunächst müssen wir offiziell nach Kolumbien immigrieren. Von einem Amt ist an dem kleinen Bootssteg an dem wir stehen, jedoch nichts zu sehen. Dafür fährt nach einigen Minuten ein SUV mit abgedunkelten Scheiben vor. Heraus steigt eine kolumbianische Dame, die Gisbert unsere Pässe abnimmt und damit von Dannen fährt. Nach einer weiteren halben Stunde des Wartens kommt selbiger Wagen zurück und unsere Impfpässe werden auf eine vorhandene Gelbfieberimpfung inspiziert. Schließlich steigt unser Kapitän kurz mit ins Auto und kommt nach einigen Minuten grinsend mit unseren Pässen heraus. In jedem Pass ein Einreisestempel. Keine Gepäckkontrolle, kein Zoll, kein offizieller Beamter. Herzlich willkommen in Kolumbien.


Obwohl der Boden unter unseren Füßen noch den ganzen Tag weiterschwankt, fühlen wir uns nach einer Dusche und einem kleinen Schläfchen schon fast wieder wie Menschen, sodass Christina und ich uns auf Stadterkundung inklusive Souvenirshopping machen können, während die Jungs noch ihre Siesta abhalten. Und zu Erkunden gibt es so einiges, in Cartagena. Das Centro, die gut erhaltene Altstadt, komplett von einer Mauer umgeben, ist malerisch schön. Die sorgfältig restaurierten Häuser in Kolonialstil leuchten in den schönsten, buntesten Farben mit den zahlreichen blumengeschmückten Balkonen um die Wette. Übrigens ist das gesamte Gelände auch ein Weltkulturerbe der UNESCO.

Der einzige Nachteil ist die Hitze von weit über 30° samt hoher Luftfeuchtigkeit, die schon nach einigen Minuten draußen Schweißausbrüche verursacht. Also wieder zurück zum Hotel, nochmal kurz ausruhen. Am Abend sind die Temperaturen erträglicher, und wir haben uns mit Gisbert und unserer inzwischen liebgewonnen Segelgemeinschaft in einer Pizzeria am Meeresufer zu einem gemeinsamen Abschiedsessen verabredet. Wir lassen uns die Pizza und den Mojito schmecken und als Gisbert, Louis und Victor sich verabschieden, ziehen wir noch als Gruppe gemeinsam um die Häuser.


Besonders angetan sind wir von einem der kleineren Plätze in der Altstadt, ein allabendlicher Treffpunkt für Jung und Alt, an dem zu laut aufgedrehter Sambamusik getanzt und gesungen wird. Rund um den Platz stehen kleine Essens- und Getränkestände. Die Kolumbianer wissen, wie man feiert!


Übrigens findet gerade der Südamerika-Cup im Fußball statt und buchstäblich alle tragen das gelbe Trikot der kolumbianischen Nationalmannschaft – Männer, Frauen, Kinder, Haustiere. Und zwar nicht nur zum Public Viewing, sondern eigentlich immer, das heißt teilweise sogar bei der Arbeit.


Zwei weitere Tage verbringen wir noch im schönen Cartagena, bevor wir uns von Niklas verabschieden müssen, der seinen Urlaub mit uns beendet und zur Entspannung noch für eine Woche nach Mallorca fliegt. Für Christina, Rudi und mich geht es weiter nordostwärts, nach Santa Marta, einer kleineren Stadt an der Karibikküste. In Santa Marta war damals die allererste spanische Kolonie im Norden Südamerikas, was die Stadt somit zur ältesten des Kontinents macht. Der Ort an sich ist, bis auf die kleine hübsche Altstadt, nichts allzu Besonderes, jedoch eignet sich Santa Marta hervorragend als Ausgangspunkt für diverse Ausflüge ins Umland.


Einer davon führt uns nach Taganga, einem kleinen Fischerort, umgeben von der steilen Felsenküste der kolumbianischen Sierra Nevada, von der aus man nach einer kleinen Wanderung einen wundervollen Ausblick auf die Hunderten von kleinen, bunt bemalten Fischerboote in der Bucht hat. Auch die Landschaft hier ist faszinierend. Baumhohe Kakteen ragen aus dem staubigen, sandbraunen Boden auf dem sonst nur verdörrte Grasbüschel wachsen, dahinter der türkisfarbene Ozean.

Die schönsten Orte der Gegend befinden sich allerdings im nahegelegenen Tayrona Nationalpark. Nachdem wir genug Zeit hatten, um uns von unserem Wandertrauma in Panama zu erholen, machen wir uns morgens um acht wieder mal auf die Socken – diesmal ein bisschen besser informiert. Der Pfad führt zunächst durch einen dichten Wald, über Stock und Stein. Alle paar Meter kreuzen riesige Ameisenstraßen unseren Weg. Die anderen Bewohner des Waldes sind zwar kaum zu sehen, aber dafür umso besser zu hören. An einigen Stellen tönt uns von allen Seiten ein ohrenbetäubend schrilles Pfeifen entgegen. Wir konnten leider nicht herausfinden, welche Tiere diesen Krach verursachen, aber als Haustiere möchte man die sicher nicht halten.


Etwa auf halber Strecke befindet sich mitten im Urwald das Pueblito, ein kleines Dorf mit runden Strohhütten, in dem noch ein paar Tayrona Indianer ganz ursprünglich leben. Der Großteil des Pueblitos liegt auf einem Berg und ist von einem hohen Zaun umgeben. Um die Ureinwohner nicht zu stören, ist Touristen der Eintritt nicht gestattet.


Ab hier verändert sich der Pfad und wird um einiges steiniger. Teilweise müssen wir über riesige runde Felsbrocken klettern und kleinere Schluchten überwinden – in der Mittagshitze eine ganz schön anstrengende Angelegenheit.


Etwas verschwitzt kommen wir nach knappen 3,5 Stunden schließlich am Strand von Cabo San Juan an und stellen fest: der Weg hierher hat sich mehr als gelohnt! Vor uns erstreckt sich eine weite Sandbucht, gesäumt von riesigen Felsen. Das Ganze erinnert ein bisschen an Bilder von den Stränden auf den Seychellen. 

 Gleich in der Nähe gibt es ein paar schattige Sitzgelegenheiten und ein kleines Restaurant, in dem wir uns unser wohlverdientes Mittagessen schmecken lassen. Wer länger an diesem Ort verweilen möchte, der hat die Möglichkeit auf einem Zeltplatz oder in einer Hängematte zu übernachten. Hotels gibt es an den Stränden dieses Nationalparks bewusst nicht, und das finden wir auch gut so.


Zur Abkühlung stürzen wir uns gleich danach in die Fluten. Nur wenige Buchten des Parks sind überhaupt für Badende freigegeben. An den meisten Stränden entlang der Küste ist die Strömung dafür viel zu stark. Hier aber ist es einfach herrlich im Meer zu planschen, vor allem auch weil das für Rudi und mich eine der letzten Gelegenheiten dafür auf unserer Reise sein wird.


Am Nachmittag machen wir uns auf den Heimweg. Die Route, die wir uns dafür ausgesucht haben, ist weitaus weniger anstrengend, dafür aber nicht minder faszinierend als der Hinweg. Es geht größtenteils an der Küste entlang, kurze Klettertouren wechseln sich ab mit Teilstücken direkt am Strand oder ausgetretenen Pfaden oberhalb der Buchten. Immer wieder kommen uns schwer bepackte Pferde und Maulesel entgegen. Diese sind auch das einzige Transportmittel für Wasser und Nahrungsmittel zu den kleinen Verkaufsständen und Restaurants an den Stränden.

Ein letztes Stück noch durch den Wald, dann sind wir auch schon wieder am Eingang des Parks angelangt und da unser Wanderehrgeiz schon einmal geweckt ist, verzichten wir auch noch für die letzte Strecke auf den Bus und laufen die drei Kilometer bis zu unserem Eco-Hostel an der Straße entlang, sodass wir abends wirklich hundemüde ins Bett fallen.


Am nächsten Tag geht es für uns dann auch schon wieder weiter. Wir haben einen Flug nach Medellin gebucht, der früheren „Mordmetropole“ Kolumbiens, die lange Zeit als gefährlichster Ort der Erde galt. Doch keine Sorge – heute, über 20 Jahre nach dem Tod des Drogenbosses Pablo Escobar, der hier seine Heimat hatte, ist Medellín ein moderner und – zumindest was das Zentrum angeht – recht sicherer Ort. Überhaupt möchte ich an dieser Stelle gerne mit den Vorurteilen aufräumen, die viele Menschen noch gegen eine Reise nach Kolumbien hegen.

Rudi und ich haben uns auf unserer Reise durch das Land zu keinem Zeitpunkt unwohl oder gar gefährdet gefühlt. Ganz im Gegenteil – in den Stadtzentren steht buchstäblich an jeder Ecke ein Polizist und alle Menschen, die wir getroffen haben, sind uns mit großer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft begegnet.


Es fällt auf, dass ein ausgebauter Tourismus hier noch in den Kinderschuhen steckt. Englischkenntnisse sind rar – selbst in größeren Hotels sprechen die Angestellten oft keine Sprache außer Spanisch. Jedoch hat die Geduld und Aufgeschlossenheit der Menschen hier immer dazu beigetragen, dass Rudi und ich uns mit unseren paar Brocken Spanisch durchwuseln konnten.


Ich möchte hier nichts beschönigen. Es gibt in Kolumbien nach wie vor Drogen, es passieren nach wie vor Überfälle, auch auf Touristen. Wenn man jedoch ein gesundes Maß an Vorsicht an den Tag legt und nicht unbedingt in die dunkelsten Ecken und Slums jeder Stadt geht, ist Kolumbien sicherlich nicht gefährlicher als jedes andere südamerikanische Reiseland.


An Christinas letztem Reisetag mit uns, ziehen wir noch das komplette Touriprogramm durch. Den besten Ausblick über Medellín hat man von einer Gondel der Seilbahn aus, die die Innenstadt im Tal mit den Slums auf den steilen Hängen der Anden verbindet. Unser Blick schweift über Wellblechdächer auf denen Kleidung getrocknet wird, belebte Gassen, spielende Kinder in Innenhöfen. Manche der Häuser sehen aus wie klapprige Verschläge, andere sind schön renoviert und in knalligen Farben bemalt.

Wieder unten im Tal besuchen wir den Hauptplatz, auf dem einige der feisten Figuren des berühmten Malers und Bildhauers Fernando Botero (in Medellín geboren) stehen. Nach einem langen Spaziergang durch die Stadt, fahren wir am Abend noch zum hippsten Ausgehviertel, dem Parque Lleras, wo sich eine Bar an die andere reiht, und stoßen zum Abschied noch mit ein paar Cocktails an. Auf dem Platz direkt vor der Bar steht eine Gruppe Capoeristas und bietet eine wundervolle Vorstellung ihres Kampftanzes. Dazu wird gesungen und geklatscht.


Für Christina endet ihre Reise mit uns leider. Sie fliegt noch in der Nacht zurück nach Deutschland. Für Rudi und mich geht es nach einem weiteren Tag in Medellín mit dem Nachtbus nach San Gil, einem kleinen Ort in den Bergen, in dem wir für die nächsten zwei Wochen in einem Eco-Hostel mithelfen und unter anderem Ziegen melken werden.


Wie wir uns dabei so anstellen, könnt ihr wie gewohnt bald hier nachlesen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Nils (Sonntag, 28 Januar 2018 20:02)

    Wieder ein toller Beitrag!

    Mach weiter so und alles Gute aus Schenna Meran (http://www.schennaresort.com)